Indien: Telangana wird Bundesstaat
Lohn des langen Wartens
8. Oktober 2013 | Die Entscheidung der indischen Zentralregierung, den Bundestaat Andhra Pradesh zu teilen, hat erhebliche Proteste ausgelöst. Doch falsch ist sie nicht.
Es war abzusehen, dass es zu Auseinandersetzungen kommen würde. Über Jahrzehnte hinweg hatten die Bevölkerungsmehrheit des südindischen Bundesstaats Andhra Pradesh die BewohnerInnen der armen Region Telangana dominiert und deren Kampf für einen eigenen Bundesstaat ignoriert (siehe dazu den Artikel «Die Suche nach einem neuen Staat» von Joseph Keve). Warum sollten sie also jetzt eine Teilung des Bundesstaats stillschweigend hinnehmen?
Genau diese Aufspaltung hat aber die indische Zentralregierung am vergangenen Donnerstag beschlossen: Der nordwestliche Teil von Andhra Pradesh wird, falls sich Neu Delhi durchsetzt, mit seinen 35 Millionen EinwohnerInnen der 29. Bundesstaat in Indien. Es kam sofort zu Protesten: Vier Kabinettsmitglieder der Regierung in Neu-Delhi verkündeten ihren Rücktritt, mehrere Politiker begannen ein Protestfasten, in etlichen Städten des Bundesstaats traten Beschäftigte in den Streik, in Vizianagaram an der Küste wurde eine Ausgangsperre verhängt. Ein Ausstand von Kraftwerksarbeitern führt immer wieder zu Stromausfällen – auch in der Metropole Hyderabad, die zehn Jahre lang als doppelte Hauptstadt fungieren soll: Als Sitz der neuen Regierung von Telangana und der Bundesstaatsspitze des restlichen Andhra Pradesh zugleich.
Eine Rücknahme ihres Beschlusses lehnt die Zentralregierung ab. 1956, bei der Gründung von Andhra Pradesh, war den BewohnerInnen der kargen Provinz Telangana im Landesinneren ein Referendum versprochen worden, das aber nie stattfand. Sie hatten sich schon damals gegen den Zusammenschluss mit den wirtschaftlich starken Regionen Andhra und Rayalaseema gewehrt, weil sie fürchteten, an den Rand gedrängt zu werden – was dann auch geschah. (pw)