Andere Länder: Fritz Propst (1916–2014)
Engagiert bis zuletzt
29. April 2014 | Er blieb seinen Überzeugungen treu – und kämpfte bis zum Schluss für die Anerkennung des antifaschistischen Widerstands.
Fritz Propst war einer der Letzten, die aus eigener Anschauung über das Rote Wien der zwanziger Jahre und den bewaffneten Widerstand gegen den Austrofaschismus im Februar 1934 berichten konnten. Und er erzählte gern von seinen Erfahrungen – in der Hoffnung, dass jüngere Generation daraus lernen. Ich habe ihn mit den andern TeilnehmerInnen einer WOZ-LeserInnen-Reise nach Wien 2011 erlebt – und gesehen, wie der damals bereits 95-Jährige beim Reden aufblühte.
Er sprach gern über die Solidarität in den Arbeiterquartieren des Roten Wiens in den 1920er Jahre, weil diese Zeit ihn geprägt hatte: Zum ersten Mal überhaupt habe sich da in Europa eine Stadtverwaltung um die Armen gekümmert, erträgliche Wohnverhältnisse bereitgestellt, und so sei er natürlich den Roten Falken beigetreten, der Jugendorganisation der österreichischen SPÖ, die damals noch SDAP hiess.
Doch dann, Ende der zwanziger Jahre, der Horror für ihn, den jungen Aktivisten: Die Rache des bürgerlichen Lagers, die vielen Schikanen und Verbote, der Terror der klerikal-faschistischen Heimatwehr – und das ständige Zurückweichen der Sozialdemokratie. Der linke Schutzbund verfügte zwar über Waffen, aber die SDAP-Führung blieb bei der abwartenden Haltung: Noch sei die Zeit nicht reif.
Als sich die ArbeiterInnen im Februar 1934 dann doch nicht mehr alles gefallen liessen, war der Kampf schnell verloren. Fritz Propst hat dies nie vergessen – und der Sozialdemokratie nie verziehen. Er trat wie viele andere der KPÖ bei, wurde mehrmals festgenommen, sass ein halbes Jahr in Haft, und floh 1938 – beim sogenannten Anschluss – zuerst in die Tschechoslowakei, dann nach Britannien. «Man darf nie vergessen», sagte Propst später immer wieder, «dass es auch schon vor 1938 Nazis in Österreich gab».
In Britannien engagierte er sich in Young Austria, der grössten EmigrantInnenorganisation junger ÖsterreicherInnen in England. Er kämpfte in der britischen Armee, beteiligte sich unter dem Decknamen Frederik Parker an der Befreiung Deutschlands und Österreichs und war ab Ende 1945 in Wien stationiert. All das beschreibt Propst in seinen beiden Büchern «Mein Leben im Widerstand. Eine autobiografische Erzählung» (Wien 2009) und «Abschied am Westbahnhof. Young Austria – ein Heldenepos vertriebener Kinder» (Wien 2010). Später arbeitete er im kommunistischen Globus-Verlag, agitierte gegen Ehrungen für Austrofaschisten wie Engelbert Dollfuss, den Begründer des autoritären Ständestaats, und engagierte sich für die Rehabilitierung des Widerstands.
Am vergangenen Freitag ist der grosse Kämpfer im Alter von 98 Jahren gestorben. (pw)