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Kapital und Arbeit: Streik im ÖPNV
«Wir sind an der Belastungsgrenze»
28. Februar 2024 | Am Donnerstag und Freitag bleiben die Konstanzer Busse im Depot – und die Fähren im Hafen. Unterstützt wird der ver.di-Streik für bessere Arbeitsbedingungen von einer Demo des Bündnisses #WirFahrenZusammen.
Es steht nicht gut um den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Das merken derzeit alle, die etwa in Konstanz lange Zeit und manchmal auch vergeblich auf einen Bus warten. Der Grund dafür: ein dramatischer Mangel an Arbeitskräften. Und den gibt es ausgerechnet jetzt, da eigentlich eine Verkehrswende hin zu einem markanten Ausbau des öffentlichen Verkehrs ansteht. Ohne diese Wende ist die Klimakatastrophe nicht zu stoppen.
Dazu aber, so die Gewerkschaft ver.di, braucht es auch «eine echte Arbeitswende im Verkehr». Und diese soll nun mit Arbeitsniederlegungen durchgesetzt werden. Ziel der Streiks im kommunalen Nahverkehr sind dabei nicht Lohnerhöhungen, sondern bessere Arbeitsbedingungen. So wollen die Beschäftigten eine Reihe von Änderungen durchsetzen, beispielsweise
– eine kürzere Wochenarbeitszeit,
– Erhöhung des Urlaubsanspruchs,
– zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit,
– Anrechnung der Arbeitszeiten bei verkehrsbedingten Verspätungen,
– Anrechnung von bisher unbezahlten Wegezeiten im Betrieb.
«100 Milliarden mehr»
Das Besondere am Arbeitskampf der nächsten Tage ist die öffentliche Unterstützung des Streiks durch Fridays for Future Konstanz. Was sie dazu bringt, formulieren die Klimaschützer:innen in einem Statement so:
«Fridays for Future ruft bundesweit am 1. März unter dem Motto #WirFahrenZusammen zu einer Demonstration für Investitionen in eine gerechte Mobilitätswende und bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten des ÖPNV auf. Fridays for Future Deutschland fordert gemeinsam mit den Beschäftigten im Nahverkehr von Bund und Ländern bis 2030 zusätzliche 100 Milliarden Euro an Investitionen in den ÖPNV.
Auch in Konstanz ruft die lokale Klimaschutzgruppe zu einer Demonstration gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di auf. Die Demonstration beginnt am Freitag, den 1. März, um 11:30 Uhr im Herosé-Park.»
Gegen Lindner, Wissing und die Regierung
«Klimakrise und soziale Fragen wurden viel zu lange gegeneinander ausgespielt, damit ist jetzt Schluss!», begründet Marie Sahl von FFF Konstanz die Unterstützung für den Ausstand. «Wir alle wollen pünktlich und sicher zur Arbeit, zur Schule oder zum Sport kommen, doch das klappt nur mit einem Ausbau vom Nahverkehr und fairen Arbeitsbedingen für die Beschäftigten.» Wenn niemand mehr in der Branche arbeiten wolle, «leiden wir alle darunter. Deswegen gehen wir am 1. März auf die Straße und fordern Lindner, Wissing und die Bundesregierung auf, ihre Blockade der Mobilitätswende sofort zu beenden!»
Eine weitere gemeinsame Forderung des Bündnisses #WirFahrenZusammen ist eine Verdopplung der Kapazitäten des ÖPNV und jährliche Investitionen in Höhe von 16 Milliarden Euro bis 2030.
Die Erklärung der Klimaschützer:innen zitiert auch einen Beschäftigten der Stadtwerke Konstanz. «Viele von uns sind an der Belastungsgrenze, wir haben teilweise neun Stunden Dienst ohne richtige Pause, Kolleg:innen sind krank oder geben den Beruf ganz auf», so Alexander Boos, Mitarbeiter bei den Fähren. «Wenn Bund und Länder jetzt nicht handeln, bricht unser Nahverkehr bald zusammen. Wir haben gelernt, dass einfache Appelle nicht reichen, um wirklich etwas zu verändern. Wir müssen uns zusammentun und Dinge selbst in die Hand nehmen, deswegen gehen wir am 1. März zusammen auf die Straße.» (pw)
Vor dem ersten Streiktag Anfang Februar: Stillstand bei Bus und Fähre.